Mitteilungsvorlage - 2023/0189
Grunddaten
- Betreff:
-
Konzept zur Realisierung von Biotopverbundmaßnahmen
- Status:
- öffentlich (Vorlage freigegeben)
- Vorlageart:
- Mitteilungsvorlage
- Federführend:
- A 70 - Umweltamt
- Antragstellend:
- Lucas Quadflieg
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Ausschuss für Umwelt, Klima und Mobilität
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Kenntnisnahme
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24.05.2023
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Sachlage:
Die Verwaltung hat sich im Sachstandsbericht zum Projekt „1000-Bäume in der StädteRegion Aachen“ (SV-Nr. 2023/0072) dafür ausgesprochen, das Projekt für den Biotopverbund fortzuführen. Als Grundlage wird die „Biotopverbundplanung Aachener Nordkreis“ von 2019 und in Bezug auf den Südkreis der „Fachbeitrag des Naturschutzes und der Landschaftspflege – für die Planungsregion des Regierungsbezirks Köln; Anlage I.5“ des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) von 2020, herangezogen. Diese können auf der Internetseite der StädteRegion Aachen unter Ämter > Umweltamt (A 70) > Natur und Landschaft > Biotopverbundplanung eingesehen werden und werden wie folgt kurz vorgestellt:
Planung
Bereits 2002 wurde für den nördlichen Bereich der StädteRegion Aachen (damals Kreis Aachen) die „Biotopverbundplanung im Aachener Nordkreis“ durch das Landschaftsplanungsbüro „Inge Schulz“ erstellt. Ziel dieser Planung war es, die im industriell geprägten Norden des ehemaligen Kreisgebietes vorhandenen Biotope und Biotopflächen darzustellen und zu vernetzen. Mit der Aufstellung des Landschaftsplans VII „Eschweiler / Alsdorf“ im Jahr 2014 bedurfte es einer Aktualisierung der Biotopverbundplanung, welche 2019 durch das Planungsbüro „Gesellschaft für Umweltplanung und wissenschaftliche Beratung“ erfolgte.
Die aktualisierte Biotopverbundplanung umfasst die Kommunen Baesweiler, Alsdorf, Herzogenrath, Würselen, große Teile des Gemeindegebietes Eschweiler sowie einen kleinen Teil des Stolberger Gemeindegebietes. Für die Gemeinden Roetgen und Simmerath sowie die Stadt Monschau wird die Biotopverbundplanung aus dem Fachbeitrag des Naturschutzes und der Landschaftspflege des LANUV ergänzend hinzugezogen.
Die Planung für den Nordkreis von 2019 weist sogenannte Verbundkorridore aus. Diese Verbindungsflächen sollen die Ausbreitung bzw. den Austausch von Individuen benachbarter Populationen zwischen Flächen mit herausragender Bedeutung für die Natur (den Kernflächen) ermöglichen. Den Flächen innerhalb dieser Verbundkorridore wurden aufgrund der dort lebenden Tierarten sogenannte Lebensraumgruppen zugewiesen, weil nicht jede Maßnahme, die dem Biotopverbund dient, auf jeder beliebigen Fläche sinnvoll ist. Vielmehr müssen sich die Maßnahmen zur Verbesserung des Biotopverbundes an den Ansprüchen der typischen Tierarten für den Lebensraum orientieren. So sind beispielsweise Gehölzanpflanzungen in einer offenen Agrarlandschaft nicht sinnvoll, wenn hierdurch „Offenlandarten“, wie die Feldlerche oder das Rebhuhn, verdrängt werden.
Es wurden folgende Hauptlebensraumgruppen unterteilt und den Verbundkorridoren zugewiesen:
- Gewässer (Fließ- und Stillgewässer)
- Grünland-Gehölzkomplexe
- Offenland (ackerbaulich genutzte Bereiche)
- Sonderbiotope wie Halden und Abgrabungen
- Waldstrukturen
- sowie Biotopverbundkorridore, die keiner Lebensraumgruppe explizit zugeordnet werden konnten, die aber wichtige Verbindungsfunktionen erfüllen.
Durch einen guten Biotopverbund werden die Überlebenschancen von Tier- und Pflanzenpopulationen gesteigert und der Genaustausch zwischen einzelnen Populationen gefördert. Die Landschaft in der StädteRegion Aachen soll mit Biotopelementen der jeweiligen Hauptlebensraumgruppen angereichert und kontinuierlich aufgewertet werden. Langfristiges Ziel der Biotopverbundplanung ist es, das Plangebiet so aufzuwerten, dass eine Wiedereinwanderung auch für Arten mit hohen Ansprüchen an ihren Lebensraum möglich ist, weil gerade diese Arten sehr stark in ihrem Fortbestand gefährdet sind.
Beide Biotopverbundplanungen, diejenige der StädteRegion Aachen für den Nordkreis und die des LANUV für den Südkreis enthalten eine Fülle von Maßnahmen, die für die Hauptlebensraumgruppen sinnvoll sind. Eine Auswahl kann aus der nachstehenden Tabelle entnommen werden.
Hauptlebensraumgruppe | Zielarten | Maßnahme |
Stillgewässer
| Amphibien | Optimierung von verlandeten Gewässern zur Wiederherstellung der Flachwasser- und Verlandungszone |
Fließgewässer | Vögel, Fische, Säugetiere (Biber) | Anreicherung der Auen mit auentypischen Strukturen |
Grünland- Gehölzkomplex | Vögel, Säugetiere, Wirbellose | Anlage von Gehölzen zur Steigerung des Habitatverbundes an störungsarmen Standorten, Förderung siedlungsnaher Strukturen |
Offenland | Vögel, Säugetiere, Wirbellose | Anlage von Ackerbrachen, breiteren Ackerrandstreifen, Einsaat von Blühstreifen, extensive Ackernutzung |
Wald | Vögel, Säugetiere | Anpflanzung von autochthonen Gehölzen, Anpflanzung von heimischen Gehölzen in den Steilhängen der Fließgewässer in der Rureifel, Entwicklung und Förderung von Bruch- und Auenwäldern |
In den Südkreiskommunen Roetgen, Simmerath und Monschau sind auf Grund der naturräumlichen Gegebenheiten andere Hauptlebensraumtypen zu fokussieren, als solche, die im Nordkreis vorgefunden werden. Besonders die teilweise tiefeingeschnittenen Bachtäler bilden wichtige Verbindungskorridore, die aus Wäldern sowie Grünland-Gehölzkomplexen bestehen.
Umsetzungskonzept
Bereits im Projekt „1000 Bäume in der StädteRegion Aachen“ konnten u.a. Maßnahmen zur Förderung des Biotopverbundes realisiert werden. Es wurden uferbegleitende Gehölze in Alsdorf Souren Pley (neben Nordfriedhof) sowie Initialpflanzungen für heimische Wälder und Pflanzungen für naturnahe Waldränder durchgeführt. Damit wurden besonders die Lebensraumgruppen der Grünland– und Gehölzkomplexe sowie der Wälder gestärkt.
Um den Biotopverbund weiter zu optimieren, sollen nun weitere Maßnahmen für andere Hauptlebensraumgruppen einbezogen werden. Vor diesem Hintergrund werden die Biotopverbundplanungen und die darin vorgeschlagenen Maßnahmen auf ihre Realisierbarkeit geprüft und auf vorhandenen Flächen umgesetzt.
Zunächst sollen die städteregionseigenen Flächen, die sich in den Verbundkorridoren befinden, ermittelt und qualifiziert werden. In diese Suche sind auch diejenigen Flächen der StädteRegion Aachen aufzunehmen, die für eine zukünftige Nutzung bereits eingeplant werden. So können beispielsweise landwirtschaftlich genutzte Flächen, die langfristig als Bauland oder Ausgleichsmaßnahme beansprucht werden, bis zu dieser Nutzung im Rahmen des Kulturlandschaftsprogrammes (KULAP) der StädteRegion Aachen bewirtschaftet werden. Besonders in den landwirtschaftlich geprägten Offenlandbiotopen der Nordkreiskommunen und den Grünlandbiotopen in den Südkreiskommunen ist eine Bewirtschaftung im Rahmen von KULAP für den Biotopverbund förderlich, ohne auf Flächenankäufe angewiesen zu sein. Hierfür ist langfristig eine Erweiterung der KULAP-Gebietskulisse auf Grundlage des Biotopverbundes anzustreben, um weitere Landwirt_innen für das Programm zu gewinnen und um den Biotopverbund in den Offenland- und Grünlandbiotopen zu stärken.
Gleichzeitig sollen auch Gespräche mit den Städten und Gemeinden in der StädteRegion Aachen geführt werden. Diese können durch das gezielte Ausweisen von Kompensationsmaßnahmen in den Biotopverbundkorridoren zu einer schnellen und positiven Entwicklung des Biotopverbundes beitragen. Ein entsprechender Anreiz könnte für die Städte und Gemeinden dahingehend geschaffen werden, dass diese Kompensationsmaßnahmen eine höhere Bepunktung für Ökokonten erhalten als Kompensationsmaßnahmen außerhalb der Verbundkorridore.
Das Konzept soll auch die zeitlich und räumlich begrenzten Projekte unterstützen, die den Biotopverbund für einzelne Tierarten stärken sollen. Die Biologische Station der StädteRegion Aachen betreut die LIFE-Projekte „LIFE-Amphibienverbund“ und „Patches and Corridors“, die die Lebensräume für Kreuzkröten, Gelbbauchunken und Geburtshelferkröten sowie den Blauschillernden Feuerfalter entwickeln und vernetzen sollen. Diese Projekte sind schon jetzt wichtige Bestandteile des Biotopverbundes in der StädteRegion Aachen und sollten deshalb weiter unterstützt werden.
Die Umsetzung der schon ermittelten Maßnahmen ist die Kernaufgabe des Konzeptes.
Auch bei der Umsetzung der Biotopverbundplanung ist die Flächenakquise wenn auch ein nicht maßgeblicher, aber ein wichtiger Faktor. Maßnahmen, die auf nicht-städteregionseigenen Flächen realisiert werden, sind mit entsprechenden Verträgen zwischen der StädteRegion Aachen und den Flächeneigentümer_innen langfristig zu sichern.
Die in den Biotopverbundplanungen vorgeschlagenen Verbundkorridore sind als Suchräume zu verstehen. Je nachdem, was für örtliche Gegebenheiten in den Suchräumen vorgefunden werden, können die Maßnahmen in ihrem Umfang variieren.
Ausblick:
Die Verwaltung ermittelt auf Grundlage der Biotopverbundplanungen potenzielle Flächen, die für Biotopverbundmaßnahmen herangezogen werden können und wird diese so zügig wie vor dem Hintergrund der übrigen Aufgaben möglich, umsetzen. Die Kommunen erhalten Anreize zur Umsetzung ihrer Ausgleichsmaßnahmen bevorzugt innerhalb der Biotopverbundkorridore, so dass hier Synergieeffekte erzielt werden können.
Rechtslage:
Es handelt sich um eine freiwillige Aufgabe.
Personelle Auswirkungen:
Die Prüfung und Umsetzung der Maßnahmen erfolgen mit vorhandenem Personal.
Finanzielle/bilanzielle Auswirkungen:
Finanzielle Mittel für die Umsetzung der Biotopverbundmaßnahmen können auf dem Sachkonto A/521162 „Maßnahmen des Natur- und Landschaftsschutzes“ (Produkt 13.04.01 Landschaftsentwicklung und Artenschutz) bereitgestellt werden. Etwaige Grundstückskäufe sind über das Sachkonto 024103 „Zugänge zu Grund und Boden“ (Produkt 09.03.01 Landschaftsplanung) abzuwickeln.
Ökologische Auswirkungen:
Durch ihre besondere Lage im Übergangsbereich der zwei Naturräume, Niederrheinische Bucht und Rheinisches Schiefergebirge, sieht sich die StädteRegion Aachen hier in einer besonderen Verantwortung, differenzierte Biotopverbundmaßnahmen vorzusehen. Mit deren Umsetzung soll dem Artensterben entgegengewirkt und die Biodiversität in der StädteRegion Aachen gesteigert werden. Stabile Lebensräume tragen weiterhin einen wichtigen Beitrag zum Kampf gegen den Klimawandel bei, indem sie u.a. Kohlenstoffdioxid binden, Wasser speichern oder Erosion vermindern.
Im Auftrag:
gez.: Lo Cicero-Marenberg