Beschlussvorlage - 2025/0171

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

Beschlussvorschlag

Der Städteregionsausschuss trifft folgende Entscheidungen:

 

  1. Er stimmt der Aufhebung der Richtlinien zur Förderung von Freizeitmaßnahmen für Senioren vom 09.12.2009 zu.
  2. Er begrüßt die Übertragung der dadurch freiwerdenden finanziellen Mittel für Aktivitäten zur Vermeidung sozialer Isolation und Einsamkeit im Alter und beauftragt die Verwaltung, für die Sitzung des Ausschusses für Soziales, Gesundheit, Senioren und demographische Vielfalt am 12.06.2025 entsprechende Richtlinien zur Verwendung der Mittel zu erarbeiten und zur Beschlussfassung im Städteregionsausschuss vorzulegen.
Reduzieren

Sachlage

Das Programm zur Förderung von Freizeitmaßnahmen für Senioren besteht im ehe­maligen Kreis Aachen bereits seit 1997. Hierzu wurden seinerzeit Richtlinien er­stellt, in denen die Fördervoraussetzungen geregelt waren.

 

Mit Gründung der StädteRegion Aachen wurde eine Neufassung der Richtlinie zur Förderung von Freizeitmaßnahmen notwendig. Dabei wurden die bis dahin geltende Richtlinien der Stadt Aachen und des Kreises Aachen zusammengefasst. In seiner Sitzung vom 09.12.2009 beschloss der Städteregionsausschuss (Vor­la­ge 2009/0433) die Richtlinie zur Förderung von Seniorenfreizeitmaßnahmen. Diese ist am 09.12.2009 in Kraft getreten. Mit Erlass dieser Richtlinie wurden ab dem Jahr 2010 Haushaltsmittel in Höhe von 47.500,00 € zur Verfügung gestellt.

 

Ziel der Förderung ist es, älteren Menschen, deren finanzielle Lage es ansonsten nicht erlauben würde, durch die Gewährung eines Zuschusses die Möglichkeit zu geben, an Freizeitmaßnahmen teilzunehmen. Förderfähig sind mehrtägige (1-14 Tage) Erholungsmaßnahmen, die außerhalb der eigenen Wohngemeinde durch­ge­führt werden. Tagesfahrten sind auch innerhalb der Wohngemeinde för­der­­hig.

Gefördert werden dabei Altenfreizeiten folgender Träger_innen:

  • Verbände, die der Arbeitsgemeinschaft der Verbände der freien Wohlfahrtspflege angehören,
  • teilstationäre und stationäre Pflegeeinrichtungen im Gebiet der StädteRegion Aachen
  • Einrichtungen und Organisationen, die im Gebiet der StädteRegion Aachen kontinuierlich Altenarbeit leisten.

 

Die Auswertung der geplanten Haushaltsansätze und der tatsächlich in Anspruch genommenen Fördermitteln seit dem Jahr 2010 zeigt deutlich, dass die geplanten Ansätze in jedem Jahr unterschritten wurden. Aus diesem Grund wurde der jährliche Haushaltsansatz in Höhe von 47.500 € ab dem Jahr 2017 auf 20.000 € reduziert.

 

Nachfolgend eine Darstellung der Entwicklungen von 2010 bis 2024:

 

               Jahr

         HH-Ansatz

          Ausgabe

              2010

        47.500,00 €

     16.282,09 €

              2011

        47.500,00 €

     21.861,70 €

              2012

        47.500,00 €

     24.625,26 €

              2013

        47.500,00 €

     23.634,03 €

              2014

        47.500,00 €

     25.009,49 €

              2015

        47.500,00 €

     15.792,09 €

              2016

        47.500,00 €

     22.978,59 €

              2017

        20.000,00 €

     11.320,72 €

              2018

        20.000,00 €

     11.689,29 €

              2019

        20.000,00 €

     11.884,69 €

              2020

        20.000,00 €

         314,00 € 

              2021

        20.000,00 €

             0,00 €

              2022

        20.000,00 €

       2.185,00 €

              2023

        20.000,00 €

       3.105,00 €

              2024

        20.000,00 €

       1.035,00 €

 

Die Auswertung der Antragszahlen seit 2014 zeigt, dass sowohl die Anzahl der insgesamt beantragten Maßnahmen als auch die Anzahl der tatsächlich durchgeführten Maßnahmen kontinuierlich gesunken sind. Ein deutlicher Rückgang der beantragten und durchgeführten Maßnahmen war besonders im Jahr 2020 erkennbar. In 2021 wurden gar keine Anträge auf Förderung gestellt. Dies war zwar eine Auswirkung der Corona-Pandemie, aber auch nach der Pandemie verblieben die tatsächlich geförderten Maßnahmen auf einem sehr geringen Niveau. Bis zum Zeitpunkt der Vorlagenerstellung ist für das Jahr 2025 erst ein Antrag für zwei Personen eingegangen.

 

 

 

 

 

Jahr

Bewilligungen

tatsächlich geförderte Maßnahmen

2014

72

58

2015

50

31

2016

60

40

2017

50

33

2018

36

19

2018

31

20

2020

7

2

2021

0

0

2022

14

6

2023

5

5

2024

4

2

 

Vor diesem Hintergrund schlägt die Verwaltung vor, das Programm zur Förderung von Freizeitmaßnahmen für Senioren mit der Beschlussfassung im Städteregionsausschuss einzustellen und die bis zu diesem Zeitpunkt noch verfügbaren Haushaltsmittel im Rahmen einer anderweitigen Prioritätensetzung – gekoppelt an die Sozialplanung – einzusetzen, um mehr Menschen aus der Zielgruppe der Senioren erreichen zu können.

 

Ausgehend von der bisherigen Ausrichtung zur Freizeitgestaltung sollen mit der Neuausrichtung der Förderung seniorenspezifische Lebenslagen und die daraus resultierenden Bedarfe stärker unter dem Gesichtspunkt sozialer und gesellschaftlicher Teilhabe vor Ort in den Blick genommen werden.

 

  • Laut einer Studie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) aus dem Jahr 2022 verbringen ein Viertel der Menschen im hohen Alter viel Zeit allein, rund 12% der über 80-jährigen fühlen sich einsam.
  • Wie im Altenlandesbericht NRW 2020 dargelegt, kommt durch die mit zunehmendem Alter oftmals einhergehenden Gesundheits- und Mobilitätseinschränkungen dem unmittelbaren Wohnumfeld eine besondere Bedeutung zu. Die vor Ort bestehenden Angebote bzw. deren Erreichbarkeit haben in hohem Maße Einfluss auf die Lebensqualität im Alter und entscheiden mit über die faktische Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

 

Abnehmende Mobilität, geringes Einkommen, beginnende Pflegebedürftigkeit, eine kleiner werdende Zahl an Bezugspersonen, der Tod des Partners/der Partnerin wie auch mangelnde Vertrautheit mit digitalen Möglichkeiten zählen dabei zu den Sachverhalten, die sozialer Isolation und Einsamkeit im Alter Vorschub leisten und auch die körperliche und psychische Gesundheit Älterer negativ beeinträchtigen.

 

Bezugnehmend auf diese Risikofaktoren lassen sich für die ältere Bevölkerung in der Städteregion Aachen folgende Eckwerte listen, die in ihrer kommunalen und sozialräumlichen Ausprägung (zum Teil erheblich) variieren und auf unter­schied­li­che Bedarfe verweisen:

  • Mit Stand Ende 2023 leben rund 118.600 Menschen im Alter von 65 Jahren und älter in der StädteRegion Aachen. Knapp ein Drittel der Älteren (insgesamt rd. 37.900 Personen) zählen zur Gruppe der Hochaltrigen (ab 80 Jahre und älter).
  • Der überwiegende Teil (61,5%) der Senioren und Seniorinnen lebt allein. 39.500 der insgesamt 64.130 privaten Seniorenhaushalte sind Ein-Personen-Haus­halte (Zensus 2022). 
  • Rund 31% der 65 Jahre und älteren (37.200 Personen) sowie 61% der 80 Jahre und älteren Menschen (23.100) sind Ende 2023 pflegebedürftig.
  • Beeinträchtigt durch eine Schwerbehinderung sind zum Datenstand Ende 2020 rund 27,5% der Menschen im Alter zwischen 65 Jahren und unter 80 Jahren, im Alter von 80 Jahren und älter steigt der Anteil auf 65%, hier sind zwei von drei Personen schwerbehindert. Mehr als die Hälfte der Menschen weist eine Gehbehinderung bzw. eine außergewöhnliche Gehbehinderung (Merkzeichen G bzw. aG im Schwerbehindertenausweis) auf. Sie können ortsübliche Weg­strecken nicht zu Fuß zurücklegen, benötigen hierfür ggf. Hilfsmittel und/oder fremde Hilfe und sind damit erheblich mobilitätseingeschränkt.
  • Leistungen der Grundsicherung im Alter nach SGB XII haben Ende 2023 städteregionsweit 6.135 Menschen beantragt, der Anteil verdeckter Armut wird insbesondere für die Gruppe der Älteren allerdings als besonders hoch eingestuft, da hier oft aus Scham, Angst vor Bürokratie oder einfach Unwissenheit Sozialleistungen nicht in Anspruch genommen werden. So geht das Institut der Deutschen Wirtschaft in seiner Studie von 2019 davon aus, dass die Rate der Nichtinanspruchnahme bei 43-56% liegt.

 

Mit Blick auf die so skizzierten Lebenslagen von älteren Menschen, beabsichtigt die Verwaltung mit der Neuausrichtung der Förderung solche Aktivitäten auf kommunaler Ebene zu unterstützen, deren Ziel es ist, älteren Menschen den Zugang zur gesellschaftlichen Teilhabe zu ermöglichen und Angebote und Orte zu schaffen, die sozialer Isolation und Vereinsamung vorbeugen. 

Hierzu zählen im Besonderen ergänzende beratende, unterstützende, begleitende oder aktivierende Projekte und Maßnahmen in verschiedensten Bereichen, die der Förderung von analogen und digitalen Kontaktmöglichkeiten dienen. Dabei gilt es:

  • die in den Kommunen und auf Ebene der Städteregion bestehenden Unter­stüt­zungs­strukturen (u.a. Senioren-/ Generationsbeiräte oder haupt- bzw. ehrenamtlichen Seniorenbeauftragten/ Seniorenlotsen/ Mehrgene­ra­tio­nen­haus sowie sonstige Engagierte) aktiv zu nutzen, 
  • Treffpunkte und laufenden Aktivitäten bestehender Initiativen im Angebotsausbau zu unterstützen, wie auch 
  • neue Angebotsentwicklungen zu ermöglichen, die dann verstetigt werden können. 

In ihrer Ausrichtung können die Projekte und Maßnahmen an ausgewiesene Be­darfs­lagen gemäß der städteregionalen Sozialplanung auf Ebene der Sozial­räu­me bzw. der Kommune anknüpfen.

Positive Erfahrungen mit dieser Herangehensweise liegen aus dem in 2024 abgeschlossenen drittmittelgeförderten Projekt zur physischen und psy­chi­schen Gesundheitsförderung für die Zielgruppe der Älteren auf Sozialraumebene vor, in dessen Zuge im Rahmen einer Sachmittelförderung niederschwellig Spa­zier­gangs- und Laufgruppen, Frühstücktreffs, neue Bewegungsangebote in beste­hen­den Einrichtungen und Treffs wie auch neue Begegnungsorte und -anlässe in den Kom­munen etabliert werden konnten.

 

Die dort gewonnenen Erkenntnisse kön­nen in die Entwicklung entsprechender Richtlinien zur strukturell aus­ge­rich­te­ten För­de­rung der sozialen Teilhabe Älterer herangezogen und die dort auf­ge­bau­ten, zum Teil ehrenamtlich ausgerichteten Strukturen und Vernetzungen zur Ver­mei­dung von Einsamkeit und sozialer Isolation genutzt werden.

Rechtslage

Bei der Förderung von Erholungsmaßnahmen für alte Menschen handelt es sich um freiwillige Leistungen der StädteRegion Aachen. Gem. § 12 Buchstabe b) und § 13 Abs. 1 Buchstabe c) der Hauptsatzung der StädteRegion Aachen vom 09.12.2024 ist der Städteregionsausschuss nach Anhörung des zuständigen Fach­ausschusses zuständig für die Gewährung von Zuschüssen ab 5.000 € bis 250.000 €.

Reduzieren

Personelle Auswirkungen

keine

 

Finanzielle/bilanzielle Auswirkungen

Im Haushaltsentwurf für das Jahr 2025 sind im Produkt 05.01.01. „Leistungen nach dem SGB XII und APG NRW“, Teilprodukt 950170 „Freiwillige Förderungen“ im Sachkonto 531815 „Erholungsmaßnahmen für alte Menschen" Haushaltsmittel in Höhe von 20.000,00 € eingeplant. 

 

Soziale Auswirkungen

Durch eine Änderung der inhaltlichen Schwerpunkte der Förderung können mehr Senioren erreicht und zielgerichtet gefördert werden. Das Ziel der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft wird besser erreicht.

Reduzieren

Im Auftrag:

gez.: Dr. Ziemons

Loading...