Mitteilungsvorlage - 2024/0255

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Beratungsfolge

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Sachlage

Die StädteRegion Aachen ist mit einer Beteiligungsquote von 16,98 % an der Aachener Gesellschaft für Innovation und Technologietransfer mbH (AGIT) beteiligt. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 3.253.000 €. Zweck der Gesellschaft sind die Förderung und Entwicklung der regionalen Wirtschaft.

 

Die nachfolgenden Ausführungen beruhen auf einer einheitlichen Mustervorlage, welche die Gesellschaft den kommunalen Gesellschafterinnen zur Verfügung gestellt hat.

 

Einleitung und Ausgangslage – 40 Jahre AGIT

 

Mit dem absehbarem Ende der Steinkohleförderung Ende der 1970er Jahre, befassten sich die hiesigen Verantwortungsträger:innen aufgrund des bevorstehenden Strukturwandels im Aachener Revier vor allem damit, eine sozialverträgliche und beschäftigungsfördernde Transformation in und für die gesamte Region anzustoßen. Dabei war und ist bis heute die Schaffung langfristiger Zukunftsperspektiven gemeinsame Triebfeder der Regionalentwicklung und bildet die notwendige Klammer der handelnden Akteur:innen aus Politik, Kammern sowie Verbänden, Wirtschaft und Wissenschaft. Denn der adäquate Ersatz für wegfallende Wertschöpfung und Beschäftigung war und ist notwendige Grundlage einer erfolgreichen Regionalentwicklung, insbesondere in Zeiten des Strukturwandels und der Transformation.

 

Dabei wurde Anfang der 1980er Jahre die Vision zur Gründung einer gemeinsam getragenen Institution konkret, welche das herausragende regionale Forschungs- und Entwicklungspotenzial für Unternehmen, insbesondere aus Industrie, Dienstleistung und Handwerk für den gesamten Kammerbezirk zugänglich, vor allem aber nutz- und anwendbar machen sollte. Was folgte, war eine bis dato in der Bundesrepublik Deutschland beispiellose Initiative, die - dank des Schulterschlusses der o.g. Akteur:innen - im Herbst 1983 zur Gründung der Aachener Gesellschaft für Innovation und Technologietransfer mbH, kurz AGIT, führte. Der originäre Antrieb, die wirtschaftliche Zukunft des Kammerbezirks Aachen positiv und eigenverantwortlich zu gestalten, war und ist Aufgabe der Gesellschaft, welche fortan als gemeinsamer und starker Arm der Gesellschafter:innen agiert. So lautet der Auftrag der AGIT bis heute, das hiesige Wissenschafts- und Technologiepotenzial so in Wert zu setzen, dass Innovationen ökonomisiert sowie Arbeitsplätze und Wertschöpfung vor Ort entstehen können.

 

Dennoch wurde der seit den 1980er Jahren nicht abwendbare Arbeitsplatzverlust der Montan- und Stahlindustrie kontinuierlich sichtbar und kostete im Kammerbezirk Aachen schließlich ca. 17.500 Menschen den Arbeitsplatz. Unter Berücksichtigung verschiedener Impulse, Initiativen und Maßnahmen konnte der o.g. Verlust jedoch nicht nur abgemildert, sondern in Summe gar in eine positive Bilanz umgekehrt werden. Denn gleichzeitig wurden insgesamt 1.765 Technologieunternehmen im Kammerbezirk gegründet, gefördert und angesiedelt. Diese innovativen Unternehmen haben in Summe bis zum Jahr 2019 doppelt so viele neue Arbeitsplätze geschaffen (*TGU Studie der IHK Aachen aus dem Jahr 2020): Mit über 36.000 neuen Arbeitsplätzen haben diese technologieorientierten Unternehmen (heutiger Sprachgebrauch: Start-ups, Scale-ups und innovativer Mittelstand) eine wahrhafte Erfolgsgeschichte des Strukturwandels geschrieben. Ein Arbeitsplatzgewinn, dessen Erfolgsgrundlage nur durch den unermüdlichen Einsatz und das Zusammenspiel verschiedener Akteur:innen in der Region möglich war, vor allem da sich die gesamte Region neu erfinden und definieren musste.

 

Gestern Steinkohle, heute Braunkohle. Mit beschlossenem Ausstieg aus der Kohleverstromung steht die Region erneut vor einer Jahrhundertaufgabe, welche gleichzeitig auch eine Jahrhundertchance bietet. Seit nunmehr 40 Jahren treibt die AGIT den innovationsbasierten bzw. innovationsgestützten Strukturwandel voran und unterstützt unentgeltlich Start-ups, Scale-ups sowie innovative Industrie-, Handwerks- und Dienstleistungsunternehmen in der Stadt Aachen, der StädteRegion Aachen sowie in den Kreisen Düren und Euskirchen – bis 2016 ebenfalls im Kreis Heinsberg. Die Kernkompetenzen der AGIT lauten: Technologie- und Innovationstransfer, Unternehmens- sowie Start-up- und Scale-up-Beratung, Ansiedlung und Investitionsberatung sowie Flächen- und Standortinformationen. Seit der Gründung generiert das Team der AGIT, als regionale und technologieorientierte Wirtschaftsförderung, einen Beitrag zur Wertschöpfung und Beschäftigung im Kammerbezirk. Inzwischen konnten so ca. 18.500 Unternehmen beraten, 1.280 konkrete Gründungen begleitet, 550 Unternehmen in den Zentren (Technologiezentrum in der Jülicher Straße, Technologiezentrum am Europaplatz und Zentrum für Biomedizintechnik) beheimatet und nahezu 300 Unternehmen in unserer Region angesiedelt werden.

 

Eine echte Erfolgsgeschichte, welche, wenn sie fortgeschrieben werden soll, nun eine nachhaltig gestärkte Finanzarchitektur, eine erweiterte Gesellschaftsstruktur sowie eine intelligente Spezialisierung benötigt – kurzum ein: Zukunftsmodell AGIT 2025 +

 

(Neu)Ausrichtung der AGIT- Inhaltliche Übergangsjahre (2019 bis 2025)

 

Als Impulsgeberin, Kickstarterin und Beschleunigerin leistet die AGIT seit jeher einen wichtigen Beitrag zur Diversifizierung der regionalen Wirtschaft und zur Stärkung des Arbeitsmarktes. Dabei agiert sie vor allem im Schulterschluss und in enger Abstimmung mit ihren aktuellen Gesellschafter:innen, der Stadt und StädteRegion Aachen, den Kreisen Düren und Euskirchen, der IHK Aachen, der HWK Aachen, der FH Aachen und den Sparkassen der Region Aachen, Düren und Euskirchen sowie mit ihren strategischen Partner:innen, wie der RWTH Aachen, dem Forschungszentrum Jülich, den Technologiezentren der Region (teilweise als deren Gesellschafterin), der RWTH Aachen Campus GmbH und der RWTH Aachen Innovation GmbH, den regionalen und kommunalen Wirtschaftsförderungen, der GründerRegion Aachen, dem digitalHUB Aachen e.V., dem Collective Incubator der RWTH Aachen sowie dem Gründerzentrum der FH Aachen uvm. Eine besondere Kooperation führt die AGIT mit der Schwesterorganisation Region Aachen Zweckverband, welche im Zusammenspiel zwischen Politik und Verwaltung für die Verknüpfung von strukturellen Themen steht.

 

Zur vierzigjährigen Geschichte der AGIT gehören selbstverständlich auch Zeiten der strukturellen Veränderung und systematischen Konsolidierung, zum Beispiel im Kontext der regionalen Akteur:innen-Landschaft. In den letzten zehn Jahren haben insbesondere die Gründung der o.g. Schwesterorganisation Region Aachen Zweckverband in 2013, der in 2016 erfolgte Austritt des Kreises Heinsberg sowie weitere Fliehkräfte in der Region, das heutige Bild der AGIT beeinflusst. Dieses Bild und eine veränderte Wirtschaftsförderungslandschaft sowie allgemein veränderte Rahmenbedingungen, waren u. a. ausschlaggebend für die in 2019/2020 initiierte strategische Revision der AGIT.

 

Die daraus hervorgegangene Neuausrichtung der Gesellschaft, welche die Gründungsidee der AGIT in den Fokus stellte, führte nach einer transparenten Aufgabenkritik zu einer Verbesserung des Status quo. Die fokussierte Ausrichtung entlang des Gesellschaftszwecks, inkl. der Festlegung von Messgrößen zur Zielerreichung, der Initiierung einer neuen Unternehmenskultur und –kommunikation sowie der konsequenten Umsetzung der definierten Maßnahmen, trugen in der Folge erste Früchte und konnte insbesondere im Projekt- und Auftragsgeschäft Verwirklichung finden.

 

Als Initialzündung diente der in 2019 erfolgte Standortwechsel eines Großteiles des AGIT Teams auf den RWTH Aachen Campus. Das seit 2011 durch die AGIT betriebene Zentrum für Biomedizintechnik (ZBMT), welches als eines der ersten RWTH Aachen Campus-Gebäude errichtet wurde, konnte, nachdem das TZA im Jahr 2019 erfolgreich verkauft wurde, final durch die Gesellschaft im Jahr 2020 erworben werden und dient seitdem als neues Headquarter der AGIT. Unmittelbar neben dem ZBMT entsteht ein durch die Gesellschaft entwickelter Neubau, so dass ab Fertigstellung des Gebäudes insgesamt ca. 8.000 m² Nutzfläche auf dem RWTH Aachen Campus (thematisch im Cluster Medizintechnik angesiedelt) zur Verfügung stehen. Dieses Flächenpotenzial soll in Form eines Start-up- und Innovationszentrums, insbesondere für technologieorientierte Unternehmen, bereitgestellt werden und sich in die Infrastruktur des RWTH Aachen Campus einfügen bzw. zusätzliche Angebote im Ökosystem schaffen (u.a. durch die Mitgliedschaft im RWTH Aachen Campus sowie durch eine Kooperationsvereinbarung mit der RWTH Innovation GmbH).

 

Darüber hinaus wurde im Jahr 2020 die sog. Dezentralisierungsstrategie der AGIT als Antwort auf die räumliche Frage umgesetzt und führte neben dem Headquarter auf dem Campus, zur Gründung der sogenannten Competence Center in den Kreisen Düren (TZ Jülich) und Euskirchen (Stabsstelle Wirtschaftsförderung des Kreises Euskirchen). Mit unmittelbarer Präsenz vor Ort und einer konkreten Schwerpunktsetzung in und für die jeweiligen Gebietskörperschaften, agiert die AGIT heute komplementär, integriert und effektiv in ihrem gesamten Wirkungsraum.

 

Elementar und als Erweiterung des Aufgabenfelds hinzugekommen sind darüber hinaus, eine proaktive (technologieorientiere) Unternehmensansprache sowie strategische Institutsbesuche, welche als Kernaufgabe einer jeden technologieorientierten Wirtschaftsförderung gleichzeitig zu konkreten Projektbeteiligungen der Gesellschaft führte. Diese neuen Aufträge, Projekte und eigenen Initiativen erzeugen einen interkommunalen Mehrwert im innovationsfokussierten Strukturwandel, besonders in den sog. Ankerprojekten. Zum Beispiel der Themenkomplex „neue nachhaltige Mobilität“, zu dem auch nachhaltige Luftfahrt zählt, zahlt auf Aktivitäten im Kreis Düren (insbesondere Aldenhoven und Linnich) und in der StädteRegion Aachen (insbesondere Würselen, Alsdorf und Baesweiler) ein. Bestrebungen für ein nachhaltigeres Wirtschaften z.B. im und für den Kreis Euskirchen (Ideenfabrik für Nachhaltige Wirtschaft), der Stadt Aachen (Umsetzung Klimastadtvertrag), der Gemeinwohlbilanzierung (AGIT intern) sowie als sog. Geschäftsstelle Bioökonomie (Rheinisches Revier) wirken wechselseitig verstärkend für den Aktionsraum der Gesellschaft. Gleichzeitig leisten die o.g. strategischen Aufträge und Projekte, neben einem inhaltlichen Mehrwert, einen wichtigen budgetären Deckungsbeitrag und reduzieren somit den durch die Gesellschafter:innen tendenziell auszugleichenden Fehlbetrag.

 

Neue Kommunikation, neue Führungskultur und ein gemeinsam erarbeitetes Wertesystem runden die inhaltliche Arbeit in den Übergangsjahren ab. Dabei muss im Kontext des Gesellschaftszwecks und der anstehenden Aufgaben berücksichtigt werden, dass erfolgreiche Veränderungen in Organisationen in der Regel 60 % Kultur und 40 % Prozessveränderung ausmachen. So streben heute die Gesellschafter:innen und strategischen Partner:innen der AGIT eine vertrauensvolle horizontale und vertikale Vernetzung ihrer Aktivitäten an, getragen von der Überzeugung, dass das gemeinsame Engagement für die Region Aachen, Düren und Euskirchen neue Potenziale und eine langfristige Wirkung, u.a. in folgenden Zielen erzeugen wird:

 

  1. Stärkung und Befähigung von Start- und Scale-ups sowie innovativem Mittelstand
  2. Innovationen aktivieren und neue nachhaltige Geschäftsmodelle ermöglichen
  3. Unterstützung und Beratung bei der Unternehmensgründung, -entwicklung & -ansiedlung
  4. Schneller Zugang zu Gewerbeflächen und wirtschaftsnaher Infrastruktur
  5. Verbindung und Vernetzung von relevanten Stakeholder:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zur Stärkung des regionalen Ökosystems

 

Die Forschungslandschaft in der Wirtschaftsregion, insbesondere mit der RWTH Aachen, der FH Aachen und dem Forschungszentrum Jülich, nehmen dabei eine entscheidende Rolle ein. Denn ohne ein starkes Bildungssystem und eine international wettbewerbsfähige Forschungslandschaft, kann eine vitale und wachstumsorientierte Unternehmenslandschaft nicht realisiert werden. Gleichzeitig braucht es aber auch Akteur:innen – meist der öffentlichen Hand –, die die Verwertung der wissenschaftlichen Erkenntnisse vorantreiben bzw. unterstützen, z.B. durch entsprechende Beratungsdienstleistungen. Und nicht zuletzt braucht es Orte bzw. Flächen, auf denen diese Vorhaben umgesetzt werden können.

 

Getreu dem AGIT-Motto: Gründen. Ansiedeln. Fördern.

 

Das Jahr 2024, als letztes Jahr der o.g. Übergangsjahre, bietet nun auch die Chance ein nachhaltig wirksames Instrument der Regionalentwicklung zu entwerfen, welches offensiv die Vorteile der Region nutzt und eine zweite Erfolgsgeschichte des Strukturwandels ermöglicht.

 

Finanzielle und strukturelle Übergangsjahre – Status quo

 

Finanzarchitektur

Aufgrund der Ausrichtung der Gesellschaft, welche auf die Förderung und Stärkung der regionalen Wirtschaft fokussiert ist, verfolgt die AGIT in der Mehrperiodenbetrachtung nicht das Ziel der Gewinnmaximierung, sondern das Ziel, mindestens eine ausgeglichene Ertragslage bei gleichzeitig maximaler Wirtschaftsförderung zu erreichen.

 

Das abgelaufene Geschäftsjahr 2023, ist das vierte Jahr der sogenannten zur Neupositionierung der AGIT und wird erneut, jedoch erwartungsgemäß, mit einem Jahresfehlbetrag abschließen. Die Gesellschafter:innenzuschüsse wurden im Wirtschaftsjahr 2019 pauschal um 50 % gekürzt, die vermietbare Fläche wurde durch den Verkauf des TZA um 75 % reduziert. Das TZA hatte in den Jahren vor dem Verkauf, mit einer Nutzfläche von ca. 14.000 qm, Überschüsse aus der „Vermietungsleistung“ für die „Wirtschaftsförderung“ generiert. Mit Ankauf des ZBMT im Januar 2020, stehen der AGIT im unmittelbaren Vergleich derzeit ca. 4.500 qm vermietbare Fläche zur Verfügung. Diese Situation wurde seitens der Gesellschafter:innen entsprechend der beschlossenen Rahmenbedingungen angenommen.

 

An dieser Stelle ist besonders zu erwähnen, dass die AGIT dank des TZA-Verkaufserlös, ohne langfristige Verbindlichkeiten bzw. Fremdkapital gegenüber aktuellen und ehemaligen Gesellschafter:innen bzw. Kreditinstituten agiert. Darüber hinaus wirtschaftet die Gesellschaft seit Eigentumsübergang des ZBMT, ohne (vormals gezahlte) Sonderzuschüsse zum Ausgleich von Verlusten des ZBMT und verfügt gleichzeitig über ein angemessenes Eigenkapital zur Finanzierung des geplanten Neubaus auf dem RWTH Aachen Campus. Ferner wurden in den letzten Jahren diverse „Altvorgänge“ bereinigt, so dass die Gesellschaft im Jahr 2024 auf einer soliden finanziellen und strukturellen Basis agiert. Gleichzeitig wirken sich die o.g. Reduzierungen (vermietbare Fläche – 75 % und Gesellschafter:innenzuschüsse – 50 %) jeweils spürbar auf die vergangenen, auf das aktuelle und vor allem perspektivisch auf die kommenden Ergebnisse der AGIT aus.

 

Die inhaltliche Wirkung der AGIT-Dienstleistungen, insbesondere im Kontext des Bereichs „Wirtschaftsförderung“, hängen gleichzeitig und unmittelbar jedoch mit einer ausreichenden Ressourcenbereitstellung zusammen und können nur bei auskömmlicher Ausstattung sicht- und realisierbar werden. Das klassische Beratungsgeschäft ist personalkostenintensiv, insbesondere im Vergleich zum klassischen Technologie- und Gründerzentrumsgeschäft (TGZs). TGZs haben in der Regel das Zentrumsmanagement im Fokus, während dies bei der AGIT als flankierendes und unterstützendes Instrument (ZBMT und Neubau) zur technologieorientierten Wirtschaftsförderung, der eigentlichen Kernaufgabe, genutzt wird.

 

Im Tenor zeigt die mittelfristige Budgetplanung deutlich, dass die AGIT nachhaltig wirtschaftet, gleichzeitig aber von ihrer Substanz zehrt und deswegen u.a. auskömmliche Zuschüsse zum langfristigen Fortbestand notwendig sind. Im Ergebnis ist der erfolgreiche Fortbestand der Gesellschaft von drei wesentlichen Elementen abhängig:

 

  1. der ausreichenden Versorgung der Gesellschaft mit Liquidität bzw. Zuschüssen, welche vor allem durch die (zuschussgebenden) Gesellschafter:innen erfolgen sollte,
  2. der regelmäßigen Akquise zweckdienlicher Aufträge und geförderter Projekte, welche auf die Wirksamkeit und Strategie der AGIT einzahlen, mit ihren Zielen bzw. Aufgaben in Einklang stehen sowie einen finanziellen Deckungsbeitrag beisteuern können und
  3. den Mieteinnahmen aus dem Technologiezentrumsmanagement, welche trotz des Zielkonflikts zwischen gedämpfter Mietpreisgestaltung für Start-ups sowie potenziellen Vermietungsrisiken, einen Deckungsbeitrag für die Gesellschaft erwirtschaftet.

 

Nur im Dreiklang dieser Mittelzuflüsse kann die AGIT langfristig nach Abschluss der Übergangsjahre ihren Gesellschaftszweck erfüllen und erfolgreich in und für die Technologieregion Aachen, Düren und Euskirchen agieren.

 

Bezüglich der Unterpunkte „Aufträge und Projekte“ (b) und „Mieteinnahmen TZM“ (c) sieht sich die Gesellschaft derzeit auf einem guten Weg. So konnte z. B. der Betrieb des ZBMT aus einer langjährigen Verlustphase (2009 bis 2019) in eine profitable Sparte überführt werden. Darüber hinaus wird der geplante Neubau, nach ersten vorsichtigen Schätzungen, ebenfalls zu Mieteinnahmen und einer voraussichtlichen Kostendeckung führen. Hohe Überschüsse sind jedoch auf Grund der potenziellen Zinsaufwendungen und Abschreibungen nicht zu erwarten. Die in den letzten Jahren eingeworbenen Aufträge und Projekte haben darüber hinaus Erlössteigerungen ermöglicht, welche neben einem Beitrag zur Kostendeckung einen inhaltlichen Mehrwert und Schwerpunkt im Kerngeschäft der AGIT finden.

 

Demzufolge ist für die nachhaltige Finanzarchitektur der AGIT nun geboten, die Zuschüsse der Gesellschafter:innen für die Zukunft neu und nachhaltig zu justieren, so dass für die Jahre 2025 und fortfolgend voraussichtlich kein negatives Jahresergebnis entsteht bzw. keine Liquiditätsprobleme für die Gesellschaft aufkommen. Eine konkrete Berechnung der notwendigen Zuschusshöhe erfolgt unmittelbar nach Klärung der Finanzierungsoptionen des genannten Campus-Neubaus und wird in enger Abstimmung mit den derzeitigen Wirtschaftsprüfern sowie der kommunalen Beteiligungsverwaltungen umgesetzt.

 

Strukturelle Entwicklung

Aktuell leisten rund 23 % der Gesellschaftsanteile keine laufenden finanziellen Zuwendungen zum Betriebskostenbudget der AGIT. Neben den durch die AGIT selbst gehaltenen Anteilen, welche 2020 von den 2016 ausgeschiedenen Gesellschafter:innen (4,3 % und 1,2 %) erworben wurden, bedarf es im Zuge einer nachhaltigen Finanzarchitektur insgesamt einer Erhöhung der zuschussgebenden Verantwortung. Hierzu wird derzeit ein Konzept erarbeitet, welches diesen Bedarf adressiert und aktuelle Entwicklungschancen berücksichtigt.

 

Neben der Ausgestaltung einer auskömmlichen Zuschusshöhe, wird als sinnvoller Teil der Gesamtneustrukturierung eine (Neu-)Aufteilung bzw. Zuordnung der AGIT-Gesellschaftsanteile mitgedacht und im Gesellschafter:innenkreis diskutiert. Seit Gründung der AGIT existiert u. a. der Wunsch, Partner:innen aus der Wissenschaft (als Gesellschafter:innen) unter dem Dach der AGIT zu vereinen. Im Laufe der Zeit gab es verschiedene Ansätze, welche bis dato zur konkreten Beteiligung der FH Aachen an der AGIT führten. Eine strukturelle Stärkung durch weitere Beteiligungen aus dem wissenschaftlichen Sektor, insbesondere der verbleibenden wissenschaftlichen Großeinrichtungen, könnte eine besondere inhaltliche Verstärkung darstellen. Daher ist die AGIT motiviert, weitere wissenschaftliche Partner:innen aktiv einzubinden, bietet dies doch die Chance zur Erweiterung des regionalen Innovations- und Technologieökosystems und spiegelt gleichzeitig die bereits gelebte Praxis wider.

 

Darüber hinaus hat sich der Wirkungsraum der AGIT durch die o. g. proaktiven Veränderungen noch nachhaltiger in Richtung einer „gesamtregionalen Wirtschaftsförderung“ bewegt. Das Ballungszentrum, im Sinne eines konzentrischen Wirkungsbereichs, erzeugt sog. Spillover- resp. Übertragungseffekte, welche wellenartig in den gesamten Kammerbezirk strahlen. Entwicklungsperspektiven in der Region können so frühzeitig genutzt werden und die interkommunale Zusammenarbeit stärkt die Wechselwirkung entsprechend. Der Impact der AGIT-Aktivitäten gibt u. a. diesen Entwicklungschancen ein wirtschaftliches Zielbild, so dass bereits heute diverse Projekte und Aufträge in den einzelnen Teilräumen umgesetzt werden, welche gleichzeitig auch eine erhöhte Verantwortungsübernahme innerhalb der Gesellschaft ermöglichen. Darüber hinaus könnte eine geografische Erweiterung des Aktionsraums, u. a. den Zusammenschluss und – halt im Strukturwandel des Kammerbezirks stärken und den Regionsbegriff bezüglich des Aktionsradius vervollständigen, was an verschiedenen Stellen ebenfalls gelebte Praxis darstellt.

 

Abschließend wird im Rahmen der aktuellen Neustrukturierung eine Glättung der Gesellschaftsanteile auf möglichst volle Anteilshöhen, als sinnvoll erachtet.

 

Wirkungsziele - Nutzen der AGIT 2025 +

 

Die Wirtschaftsregion Aachen, Düren und Euskirchen steht heute für ein konzentriertes, gemeinschaftliches und zielstrebiges Handeln hinsichtlich der Gründungs- und Wachstumsförderung, aber auch der Ansiedlungsbemühungen von Unternehmen. Gleichzeitig sind Regionen heutzutage wachsenden Transformationsanforderungen ausgesetzt, die die Notwendigkeit zur Umstrukturierung einschließen und auch vor der klassischen Querschnittsaufgabe „Wirtschaftsförderung“ nicht haltmachen. Die AGIT hat diese Transformationsanforderungen mit den Übergangsjahren offensiv genutzt und erzeugt heute bereits erkennbare Spillover-Effekte in den einzelnen Teilräumen des Kammerbezirks, auch dank der neuen Standortstrategie: „Vom Campus in die Region“. Damit erkennbare Effekte weiterhin strategisch erzielt werden und nicht zufällig auftreten, bedarf es einer Orchestrierung dieser Übertragungen und Wechselwirkungen auf überregionaler Ebene, zum Nutzen aller agierenden Organisationen in der Technologieregion Aachen, Düren und Euskirchen.

 

Hierzu würde eine weitergehende intelligente Spezialisierung und individuelle Arbeitsteilung, insbesondere vor dem Hintergrund des Strukturwandels bzw. des Kohleausstiegs bis zum Jahr 2030, beitragen. So sollten Gründungen bzw. die (Weiter-)Entwicklung innovativer Start- und Scale-ups dabei erneut die wesentliche Basis des gesamtwirtschaftlichen Wachstums darstellen und in Kombination mit neuen innovativen Unternehmen zum Erfolg des gegenwärtigen innovationsbasierten Strukturwandels beitragen. Insbesondere in den Sektoren, in denen die gesamte Region Aachen, Düren und Euskirchen ihre Stärken aufweist (z. B. Bioökonomie, Medizintechnik, Energiesysteme der Zukunft, New Materials, Künstliche Intelligenz sowie Quantencomputing, nachhaltiges Wirtschaften, alternative Antriebstechnologien und Aviation, neue nachhaltige Luftfahrt), darf mit neuer Wertschöpfung, Beschäftigung und progressiven Impulsen zu rechnen sein, wenn diese durch eine strategische Begleitung den Weg in neue nachhaltige Geschäftsmodelle finden bzw. wenn Innovationen vor Ort umgesetzt werden.

 

Damit die erfolgreiche Regionalentwicklung der letzten vierzig Jahre fortgeschrieben werden kann, sollte die Technologieregion Aachen, Düren und Euskirchen die Transformationschance nutzen und zum Nukleus neuer nachhaltiger Technologien werden, welche hier entwickelt, erprobt und umgesetzt werden. Für eine erfolgreiche Umsetzung werden dabei heute noch viel mehr interkommunale und nachhaltige Ansätze benötigt, während die Kompetenzen der hiesigen wissenschaftlichen Partner:innen auf die o. g. Ziele einzahlen. Technologietransfer und Innovationen müssen gezielt gefördert und flankiert werden, starke Finanzierungs- und Unterstützungsinstrumente werden benötigt und schließlich braucht es Beteiligung und Kooperationen sowie einen stärkenorientierten Ansatz der Kommunen als Gegenentwurf einer unabgestimmten Regionalentwicklung.

 

Dabei gilt es zu verstehen, dass die Förderung eines Ökosystems für unternehmerische Initiativen mit verschiedenen Akteur:innen oder Interessensgruppen diverse Vorteile zur Folge hat und in der Tendenz die gesamte Region Aachen, Düren und Euskirchen stark von den Entwicklungen profitiert, welche ggf. zunächst erst in einem Ballungszentrum ihren Anfang finden und später in der Region zur Anwendung kommen. Dabei schafft eine ausgeprägte und vielschichtige Wissenschafts-, Start-up- und innovative Unternehmenslandschaft nicht nur viele Arbeitsplätze, sie sorgt auch über Nachfrage- und Standorteffekte für neue Arbeitsplätze außerhalb des eigentlichen (Gründungs-)Unternehmen, zum Beispiel im Handwerk. Mit jedem neuen Arbeitsplatz in einem Start-up und Scale-up gehen so Arbeitsplatzeffekte außerhalb der Gründungsszene einher. Der Wirtschaftswissenschaftler Enrico Moretti hält in seiner Publikation „The New Geography of Jobs“ fest, dass für jeden in einem Start-up neu geschaffenen Arbeitsplatz fünf weitere außerhalb des Start-ups entstehen. Defensive Schätzungen gehen immerhin noch von einem Multiplikatoreffekt von drei Arbeitsplätzen aus. Dabei ist das Potenzial bei weitem nicht ausgeschöpft und die positiven Effekte auf die Gesamtwirtschaft sind nicht unmittelbar berücksichtigt. Lassen sich doch gleichzeitig auch positive Standorteffekte ausmachen, da ein starker und attraktiver Start-up- und Scale-up-Standort, Talente und Investitionen überregional und aus dem Ausland anzieht, wodurch die Wirtschaft insgesamt gestärkt wird. Das Team der AGIT ist überzeugt davon, dass ein sich selbsttragendes und verstärkendes Innovations- und Technologieökosystem, nur gesamtregional das volle Potenzial entfalten kann.

 

Fazit und die nächsten Schritte

 

Wirtschaftsförderung ist als Querschnittsaufgabe zur Sicherung der Regionalentwicklung für den Fortschritt einer Region – unserer Heimat – von besonderer Bedeutung und leider vor allem oftmals erst spürbar, wenn sie unterlassen wird. Auf der anderen Seite ist Wirtschaftsförderung nur in den Fällen besonders erfolgreich, wenn sie in einer strategischen Allianz durchgeführt und als Gemeinschaftsaufgabe verstanden wird. In einem gut funktionierenden Ökosystem hat Erfolg immer diverse Mütter und Väter und ist nie Resultat nur einer Organisation. Dabei spielt die nachhaltige Diversität der AGIT und ihrer Serviceleistungen in und für die Kommunen der gesamten Region Aachen, Düren und Euskirchen eine besondere Rolle, die derzeit stark komplementär und nicht kompetitiv wirkt. Ausreichend Positivbeispiele existieren in der Technologieregion ohne Zweifel, u. a. auch solche, die ihre Geschäftsidee im Technologiezentrum der AGIT gestartet bzw. durch die AGIT begleitet wurden, wie z.B. AIXTRON AG, Parsytec Solutions GmbH, HEAD acoustics GmbH, CEROBEAR GmbH, Impella Cardiotechnik AG (heute Abiomed Europe GmbH), oder von der AGIT in die Region geholt wurden, wie z.B. Ericsson Eurolab, Siemens AG, DENSO AUTOMOTIVE Deutschlang GmbH, Quanta Computer Inc. bzw. QCG Computer GmbH, um nur einige zu erwähnen.

 

Die AGIT agiert als Vermittlerin zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen und fördert seit jeher kleine und mittlere Unternehmen, welche oftmals Hidden Champions in ihrem Sektor sind. Vor dem Hintergrund des gegenwärtigen Veränderungsdruck im internationalen Wettbewerb und der Transformation unserer Wirtschaft, sind zahlreiche Geschäftsmodelle bedroht. Dabei sichern Innovationen unseren Wohlstand und versetzten eine Volkswirtschaft in die Lage, notwendige Transformationen anzustoßen und daraus neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Der Transformationsdruck wird angesichts der anstehenden Herausforderungen und bestehender Krisen eher größer und macht gewiss vor Regionen selbst auch nicht halt. Daher sind die Unterstützungsangebote der wirtschaftsfördernden Maßnahmen permanent weiterzuentwickeln und fortzuschreiben, ausdrücklich auch in der Region Aachen, Düren und Euskirchen, welche sich durch eine besonders heterogene Wirtschaftsstruktur der einzelnen Teilräume auszeichnet. Reaktionsgeschwindigkeit und Anpassungsfähigkeit bei gleichzeitig konkreter Umsetzung, werden unzweifelhaft entscheidende Faktoren für eine effektive und effiziente Regionalentwicklung sein.

 

Im Strukturwandel des Rheinischen Reviers liegt aber ebenfalls enormes Potenzial für den Kammerbezirk Aachen. In Conclusio bedeutet dies, dass Beschäftigungs- und Wertschöpfungspotenziale vor allem dann realisiert werden können, wenn die Region unter einem Dach vereint und gemeinschaftlich agiert. Hier setzt die AGIT mit ihren Gesellschafter:innen und strategischen Partner:innen an und ist bereit einen wichtigen Beitrag zu leisten. Folglich ist es konsequent, ein Konzept zur auskömmlichen finanziellen und strukturellen Ausgestaltung der AGIT zu entwickeln, welches die Aktivitäten der Gesellschaft nachhaltig sichert.

 

Aus diesem Grund wurde die Geschäftsführung der AGIT in der gemeinsamen Sitzung des Aufsichtsrat und der Gesellschaftsversammlung am 08.12.2023 damit beauftragt, ein mit den Gesellschafter:innen abgestimmtes und mehrheitsfähiges Konzept zur nachhaltigen Finanzarchitektur der AGIT ab 2025 vorzulegen.

 

Derzeit finden regelmäßige Austausche mit aktuellen und potenziell neuen Gesellschafter:innen der AGIT statt. Gleichzeitig gibt es Abstimmungsrunden mit den Beteiligungsverwaltungen der Gebietskörperschaften zur Ermittlung einer auskömmlichen Zuschusshöhe und zur Abstimmung eines einheitlichen Vorgehens. In der anstehenden AGIT-Sommersitzung am 21.06.2024, wird die Geschäftsführung erste inhaltliche Ergebnisse und ein Stimmungsbild präsentieren, was als Grundlage für die zweite Jahreshälfte dient, in der Gesellschaftsstruktur, Gesellschaftsanteile und Finanzarchitektur final ermittelt, beraten und beschlossen werden sollen.

 

Rechtslage

Aufgrund des Erfordernisses im Rahmen der Neuausrichtung der Gesellschaft u.a. Änderungen des Gesellschaftsvertrags vorzunehmen sowie angesichts der Bedeutung ist gem. § 108 Abs. 5 Satz 1 GO NRW i.V.m. § 53 Abs. 1 KrO NRW im weiteren Projektverlauf eine Beschlussfassung durch den Städteregionstag vorgesehen.

 

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Personelle Auswirkungen

keine

 

Finanzielle/bilanzielle Auswirkungen

Für die StädteRegion Aachen ergeben sich zum aktuellen Zeitpunkt keine finanziellen Auswirkungen.

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gez.: Dr. Grüttemeier

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